Seit 15 Jahren redet die Branche schon von Digitalisierung im Einkauf. Wo stehen deutsche Unternehmen da? Im Interview spricht Dr. Lars Kleeberg von seinen Beobachtungen in der Einkaufswelt und darin zeichnet sich ein deutliches Bild: Digitalisierung und seit wenigen Jahren auch KI sind große Überschriften, aber der Weg zur Umsetzung ist lang.
"Es fehlt an einer systematischen KI-Strategie", sagt Kleeberg. Der Einsatz der Innovation krankt häufig daran, dass sie nur vereinzelt und in Insellösungen in Unternehmen eingesetzt wird. "Es wird eher noch KI von unten ausprobiert, als dass es zur Chefsache wird", so der Hauptgeschäftsführer des BME.
Ging es früher beim Schlagwort Digitalisierung um die optimalen Prozesse mit eProcurement-Systemen, so versammelt sich heute darunter eher das Erfordernis, Technologien zu nutzen und ganze Organisationen an neue Möglichkeiten anzupassen. Nur so ließen sich die Herausforderungen meistern, die auf Unternehmen zukommen werden. "Dafür kommt KI zur genau richtigen Zeit", sagt Kleeberg. Denn: nicht nur die technischen Möglichkeiten entwickeln sich weiter, auch die vor allem weltwirtschaftlichen Herausforderungen wachsen mit.
Eines der Top-Themen in einer Welt, in der sogar wieder Zollkriege zwischen den USA und China außer Kontrolle geraten, Pandemien und Kriege einkalkuliert werden müssen: Risiken verringern. Das geschehe durch Diversifikation und Near Shoring, also eher einem Einkauf in näherer Umgebung, wenigstens derselben Zeitzone und nicht am anderen Ende der Welt. Zudem müssen Einkaufs-Manager nicht mehr nur in Just-in-time-Szenarien. Sondern nun in Just-in-case-Szenarien denken., sich also intensiver auf unvorhergesehene Probleme einstellen und gleichzeitig einen dynamischen Einkauf mit gesicherter Versorgung und wenig Lagerstand gewährleisten.
Genau hier sieht Kleeberg die Chance für KI, entlastend zu wirken und Freiräume zu schaffen, um sich auf diese gigantischen neuen Aufgaben zu fokussieren.
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