Die Ergebnisse liegen vor. Das JARO Institut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung e.V. hat gemeinsam mit Unite über 100 Beschaffungsexpert*innen und Führungskräfte aus Deutschland und ganz Europa zu Nachhaltigkeit befragt und die neuesten Erkenntnisse veröffentlicht.
Die Studie „Nachhaltige Beschaffung und verantwortungsvolle Lieferketten 2025“ ist der dritte Teil der Reihe nach ähnlichen Umfragen aus 2021 und 2023. Die Studie bietet einen tiefen Einblick in den aktuellen Stand nachhaltiger Beschaffung und verantwortungsvoller Lieferketten. Sie dient als verlässlicher Realitätscheck zu Antrieb, Bewertung und vor allem zur praktischen Umsetzung von Nachhaltigkeit im Einkauf.
Hier betrachten wir einige Ergebnisse zu Leadership, Verordnungen, Preissensibilität, Wissensstand und weiteren Herausforderungen.
Die aktuelle Lage und der regulatorische Rahmen
Der regulatorische Druck in Bezug auf Lieferketten und Nachhaltigkeit nimmt zu, etwa durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die EU‑Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD). Hinzu kommen globale Entwicklungen wie US‑Zölle, geopolitische Spannungen, Ressourcenknappheit und wirtschaftliche Unsicherheit. Diese Regelwerke machen die menschenrechtliche und ökologische Sorgfalt in Lieferketten zunehmend verpflichtend und knüpfen an die UN‑Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte an.
Nachhaltige Beschaffung ist kein ideologischer Zusatz. Sie ist ein strategisches Instrument, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu sichern, natürliche Ressourcen zu schützen und faire Marktmechanismen zu stärken.
Yvonne Jamal Gründerin und Vorstandsvorsitzende des JARO Instituts
<content_bold>Yvonne Jamal</content_bold>, Gründerin und Vorstandsvorsitzende beim JARO Institut
Während sich viele politische Akteurinnen und Akteure sowie führende Organisationen hinter diesen Vereinbarungen stehen, schwächen anhaltende politische Verhandlungen zu EU‑Verordnungen wie CSDDD und CSRD teilweise die Reichweite und Durchsetzung. Das führt zu Planungsunsicherheit und verzögert Investitionen.
Zugleich verfolgt die EU mit Initiativen wie dem Deal für eine saubere Industrie (2025) einen breiteren strategischen Kurs, der Dekarbonisierung, Digitalisierung, emissionsarme Technologien, Kreislaufwirtschaft und widerstandsfähige Lieferketten fördert. Das schafft sowohl Verpflichtungen, eröffnet andererseits auch Chancen für Unternehmen. Eine strategische Führung ist wichtiger denn je, um Organisationen durch ein so komplexes Umfeld zu leiten.
Bei den Führungskräften anfangen
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass Gesetze den Rahmen für nachhaltige Beschaffungsstrategien setzen, Führung aber die Richtung vorgibt. Teilnehmende wurden nach den wichtigsten Faktoren befragt, die nachhaltige Beschaffung und verantwortungsvolle Lieferketten in Unternehmen fördern.
In vorherigen Erhebungen wurde „ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit“ häufig genannt. Im Jahr 2025 sehen 78 % das Engagement auf der Führungsebene als stärksten Treiber. Dieser Wert liegt deutlich vor Regulierung (53 %) und vor der Fähigkeit der Geschäftsleitung, den Nutzen zu vermitteln (51 %).
Es lässt sich ablesen: Wer wirksame Veränderungen sehen will, braucht starke Führungskräfte. Besonders relevant sind hier zwei Faktoren: ein klares Bekenntnis zur strategischen Beschaffung sowie eine klar formulierte Nachhaltigkeitsvision und -mission.
Rechtliche Vorgaben werden als direkter Treiber sogar weniger gewichtet, als der Einsatz der Führungskräfte. Der Grund? Viele Unternehmen haben bestehende rechtliche Anforderungen bereits umgesetzt. Die Effekte machen sich nun operativ bemerkbar. Deshalb richtet sich die Aufmerksamkeit zunehmend auf interne Strategien und Strukturen.
Regulierungen wirken
Wie erwähnt sind mehrere neue Vorgaben schon länger in Kraft und viele Unternehmen setzen diese erfolgreich um. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass nachhaltige Beschaffung immer stärker Teil der Unternehmenspraxis wird. Neben der strategischen Debatte entfalten Regulierungen eine spürbare Wirkung im Alltag in Bezug auf Nachhaltigkeit.
Besonders sichtbar ist das beim Lieferantenkodex. 49 Prozent der Befragten gaben an, bereits einen solchen Kodex eingeführt zu haben – eine erhebliche Steigerung im Vergleich zu 27 Prozent in 2023. Viele Unternehmen haben außerdem ihre internen Beschaffungsrichtlinien um Nachhaltigkeitsvorgaben erweitert (24 % im Vergleich zu 17 % im Jahr 2023).
Deutlich zugenommen hat auch die Durchführung von Materialitätsanalysen. Dabei handelt es sich um strukturierte Bewertungen, die die wichtigsten Themen für die Beschaffungsfunktion, für Stakeholder und für den langfristigen Unternehmenswert identifizieren, priorisieren und bewerten. Der Anteil der Unternehmen, die solche Analysen einsetzen, hat sich nahezu verdoppelt und liegt 2025 bei 23 Prozent. Das unterstreicht, dass nachhaltige Beschaffung durch Regulierung operativ verankert wird.
Begrenzte Budgets verstärken die Preissensibilität
Die Bedenken gegen diese Vorschriften, ob Unternehmen unter Einhaltung der neuen Vorschriften eine stabile Lieferantenbasis sicherstellen können, haben nachgelassen. In der aktuellen Erhebung zeigt sich allerdings ein negativer Effekt von Nachhaltigkeitsmaßnahmen. So ist die Bereitschaft, für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen mehr zu zahlen, deutlich gesunken, besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen. Hier entsteht eine klare Spannung zwischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten, die nachhaltige Anbieter fördern und kleiner werdenden Budgets.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wenig überraschend, dass nur 32 Prozent der Befragten bereit sind, für Produkte und Dienstleistungen sozial verantwortlicher und umweltverträglicher Anbieter mehr zu bezahlen. Es ist ein deutliches Zeichen. Im Jahr 2023 lag dieser Wert noch bei 45 Prozent. 30 Prozent gaben sogar an, sie seien „kaum“ oder „gar nicht“ bereit, einen Aufpreis zu zahlen (im Vergleich zu 21 % im Jahr 2023).
Das zeigt, wie wichtig ein wirtschaftspolitisches Narrativ ist, das nachhaltige Geschäftsmodelle finanziell absichert und nachhaltige Produkte als bevorzugte Option positioniert - statt als teurere. Argumente wie ein geringerer CO₂‑Fußabdruck und ein höherer sozialer Wert können zum Beispiel dazu beitragen.
Zunehmende Expertise zum Thema Nachhaltigkeit
Im Jahr 2023 gaben nur 22 Prozent der Befragten an, dass sie über sehr gute Kenntnisse in nachhaltiger Beschaffung und verantwortungsvollen Lieferketten verfügen und sich sowohl ausreichend informiert fühlen als auch ihr Wissen an andere weitergeben können. Zwei Jahre später liegt der Anteil bei 30 Prozent – ein deutlicher Anstieg.
Gleichzeitig ist der Anteil der Teilnehmenden mit unzureichendem Wissen spürbar gesunken (7 Prozentpunkte). Dadurch zeigt sich, dass das Wissen insgesamt steigt und die Sicherheit im Umgang mit nachhaltigen Beschaffungspraktiken zunimmt.
Ein Grund dafür dürfte stärkeres Investment in Qualifizierungsmaßnahmen innerhalb von Unternehmen sein. 59 Prozent der Befragten gaben an, dass externe Schulungen zur Verfügung stehen (32 % in 2023). Auch interne Weiterbildungsmöglichkeiten wurden erweitert. Weiterbildungsmöglichkeiten sind eine zentrale Voraussetzung dafür, dass sich Einkaufsorganisationen nachhaltig weiterentwickeln und ihre Lieferketten optimieren.
Mit Herausforderungen auseinandersetzen
Trotz der Fortschritte durch strategische Führung, der wirksamen Umsetzung der Regulierungen und steigendem Wissen stehen Beschaffungsteams weiterhin vor einer Reihe von Herausforderungen.
Angesichts der wirtschaftlichen Lage müssen sie mit erheblichen Kosteneinschränkungen zurechtkommen. Zudem gibt es interne Ressourcenengpässe, die strategische Vorhaben ausbremsen. Die zusätzlichen Anforderungen belasten Teams und binden wichtige Personalressourcen. Und das sind alles Konsequenzen, die eintreten noch bevor Unternehmen ihre Lieferanten aktiv einbinden, neue Abläufe ausrollen oder Prozesse umstellen.
Den aktuellen Stand der nachhaltigen Beschaffung erfahren
Die Ergebnisse zeigen, dass nachhaltige Beschaffung weit mehr ist als ein strategischer Trend. Sie steht für einen gesellschaftlichen Wandel hin zu Verantwortung, Resilienz und Zukunftsfähigkeit.
Sebastian Wieser Gründer und CEO von Unite
Das Thema Nachhaltigkeit bleibt trotz allen Fortschritts weit oben auf den Arbeitsagenden der Unternehmen. Mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung in der indirekten Beschaffung hat Unite die Entwicklungen aus nächster Nähe begleitet und wertvolle Einblicke gewonnen.
Drei zentrale Erkenntnisse sind:
Führungskräfte müssen Nachhaltigkeit in die Beschaffungsstrategie verankern. Regulierung allein reicht nicht.
Unternehmen sollten in Training, digitale Werkzeuge und Lieferantenkooperation investieren. So kann Teams geholfen werden, relevantes Wissen aufzubauen.
Nachhaltige Beschaffung entwickelt sich vom Trend zum Standard. Regulierungen haben vieles angestoßen, doch diese strategisch wichtige Funktion bleibt bestehen.
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Wir unterstützen nachhaltige Beschaffung, indem wir Sie über unseren digitalen Marktplatz mit geprüften Lieferanten verbinden. Unsere Unite Plattform fördert Ausgabentransparenz, eine vielfältige und widerstandsfähige Lieferkette und die Integration von Nachhaltigkeitsdaten. Das hilft Unternehmen, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, Risiken zu reduzieren, Compliance sicherzustellen und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Häufig gestellte Fragen
Nachhaltige Beschaffung indirekter Materialien bedeutet, alltägliche Unternehmensgüter so zu beziehen, dass die Umweltbelastung sinkt, ethische Standards eingehalten werden und die Kosten effizient bleiben. ESG‑Kriterien werden in die Lieferantenauswahl integriert, um operative Anforderungen mit langfristigen Nachhaltigkeitszielen in ihrer Lieferkette in Einklang zu bringen.
Dazu gehören die EU‑Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD), die EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und verpflichtende Sorgfaltspflichten in Lieferketten. Diese Rahmenwerke verlangen die Messung und Offenlegung von Umwelt‑, Sozial‑ und Governance‑Auswirkungen. Beschaffung wird damit zu einem zentralen Hebel für Compliance und Risikomanagement.
Wir unterstützen nachhaltige Beschaffung, indem wir Sie über unseren digitalen Marktplatz mit geprüften Lieferanten verbinden. Unsere Plattform unterstützt Ausgabentransparenz, stärkt die Vielfalt und Widerstandsfähigkeit Ihrer Lieferkette und integriert relevante Nachhaltigkeitsdaten. So können Unternehmen verantwortungsvolle Entscheidungen treffen, Risiken minimieren, Vorschriften einhalten und Ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen.
