Deutschland im Global Competitiveness Report: Musterschüler mit Nachholbedarf

    Deutschland im Global Competitiveness Report 2018: Musterschüler mit Schwächen

    Mit einem dritten Platz im Global Competitiveness Report 2018 belegt Deutschland einen Spitzenplatz unter den wettbewerbsfähigsten Nationen der Welt. Doch die Autoren des Berichts bescheinigen Deutschland auch einige Defizite. Gerät dadurch der Wettbewerbsvorteil in Gefahr? Zumindest wurde der Aufholbedarf erkannt, Politik und Wirtschaft steuern bereits um.

    Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit im weltweiten Vergleich:

    • Was macht das Land so erfolgreich?
    • Welche Herausforderungen müssen gemeistert werden?
    • Welche Rolle spielen Plattformen bei der Wettbewerbsfähigkeit?

    Im Global Competitiveness Report analysieren Experten des World Economic Forums (WEF) jährlich die Wettbewerbsfähigkeit von weltweit 140 Nationen. In der Analyse aus dem Jahr 2018 belegt Deutschland einen sehr soliden dritten Platz, ist in einigen Wertungsbereichen sogar Spitzenreiter. Trotzdem deckt der Bericht Schwächen auf, die Deutschland gerade in Sachen Digitalisierung und digitaler Infrastruktur vor Herausforderungen stellen. Sie könnten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands einschränken, doch ein Umdenken und Handeln findet bereits statt, wie zum Beispiel groß angelegte Projekte zur Digitalisierung von Schulen und zum Ausbau des Glasfasernetzes.

    Zwar liegt Deutschland hinter den USA und Singapur, sticht aber in einigen Kategorien selbst diese Innovationsländer aus. In den Kategorien Innovationsfähigkeit und makroökonomischer Stabilität konnten erste Plätze erreicht werden, in den Kategorien Wirtschaftsdynamik und Ausbildung der Arbeitskräfte liegt Deutschland ebenfalls auf Spitzenplätzen. Dies ist erst einmal ein hervorragendes Ergebnis und zeigt die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft und der Menschen in Deutschland. Steigerungspotenzial sieht die Studie vor allem bei der digitalen Infrastruktur.

    Deutschland nur Platz 31 im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien

    Mit Platz 31 im Bereich „ICT Adoption“, in der die Studie die Durchdringung einer Volkswirtschaft mit Informations- und Kommunikationstechnologien bewertet, liegt Deutschland hinter Ländern wie Bulgarien, Malta, Litauen, Island und Uruguay. Die Autoren des Berichtes begründen die Platzierung damit, dass die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet nicht ausreichend sei und der Ausbau der digitalen Infrastruktur nur langsam vorangeht Dass Informationstechnologien Transaktionskosten senken, den schnellen Informationsaustausch fördern, Ideenaustausch ermöglichen und die Effizienz von Unternehmen und deren Innovationsfähigkeit verbessern beweisen längst Beispiele aus Ländern, die entsprechend gut erschlossen sind. Durch die Bedeutung dieses Bereichs für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft setzt der WEF Informationstechnologie auf die gleiche Stufe wie Energieversorgung und Infrastruktur.

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    Auch WEF Gründer Klaus Schwab schreibt gleich zu Beginn seines Vorworts zu der Studie: „Die Menschheit ist mit der vierten industriellen Revolution in eine neue Phase eingetreten. Die Wettbewerbsfähigkeit der Staaten steht vor grundlegenden Veränderungen. Die neue Wirklichkeit schafft neue Möglichkeiten für Unternehmen, Regierungen und Individuen, aber es drohen auch neue Divergenzen und Polarisierung innerhalb und zwischen Volkswirtschaften und Gesellschaften.“

    Es gibt zahlreiche Stimmen, die Deutschland im Feld der Digitalisierung aktuell nicht in der Rolle sehen, die der einer führenden Industrienation entspricht. So warnt etwa der Präsident des BDI, Dieter Kempf: „Deutschland droht, im internationalen Standortwettbewerb um die Vorreiterrolle in Digitalisierung und Innovation zurückzufallen.“ Tatsächlich gibt es in Deutschland bereits Maßnahmen, um digitale Infrastruktur und Bildungseinrichtungen zu fördern. Auch wenn noch viel geschafft werden muss.

    Ausbau der technischen Infrastruktur beschleunigen

    Wesentlichen Einfluss auf die Bewertung in Sachen digitaler Infrastruktur hat nicht zuletzt die Ausstattung mit Glasfaser-Technik und die Abdeckung mit schnellem Internet in ländlichen Regionen. Gerade für junge Unternehmen ist die Digitalisierung und der Ausbau digitaler Infrastruktur ein wirtschaftlicher Überlebensfaktor, das haben 80 Prozent von ihnen bei einer Umfrage des Start-up-Verbands angegeben. 2017 verfügten 42 Prozent aller Unternehmen in Deutschland mit mindestens zehn Beschäftigten über einen Breitbandanschluss mit einer Datenübertragungsrate von mindestens 30 Megabit pro Sekunde. Doch im Vergleich zu anderen europäischen Nationen belegt Deutschland damit eher einen Platz im Mittelfeld. Spitzenplätze belegten im vergangenen Jahr Dänemark, in dem 73 Prozent aller Unternehmen über schnelles Internet verfügen, es folgen die Niederlande (65 Prozent) und Schweden (64 Prozent).

    Um das zu ändern, wurde ein zwölf Milliarden Euro umfassendes Förderprogramm beschlossen, das den Ausbau von Glasfaserleitungen und die Verbreitung von schnellem Internet beschleunigen soll. Gleichzeitig wird die Regulierung für den „Letzte-Meile-Markt“ neu gestaltet. Dazu der Präsident der Netzwerkagentur Jochen Homann in der FAZ: „Wenn der Zugang von Wettbewerbern zur Glasfaser gewährleistet ist, kann ich mir einen weitgehenden Verzicht auf regulatorische Eingriffe vorstellen. Mit diesem Entwurf legen wir den Grundstein für mehr Investitionen in Glasfaser.“ Es gibt also Anlass zum Optimismus, wie auch die Ergebnisse einer Bitkom-Studie zur Industrie 4.0 bestätigen: Im internationalen Vergleich sehen die Befragten Deutschland beim Thema Industrie 4.0 derzeit auf Platz drei hinter Japan und den USA.

    Strukturelles Umdenken fällt häufig noch zu schwer

    Technologische Voraussetzungen sind nur ein Teil der zu bewältigenden Herausforderungen. Die Autoren des Berichtes identifizieren strukturelle und bürokratische Hindernisse, die den Erfolg deutscher Unternehmen in Frage stellen könnten. Gleichzeitig bescheinigen sie ihnen zahlreiche Stärken: So liegt Deutschland sowohl beim Wachstum innovativer Unternehmen als auch bei der Entwicklung disruptiver Ideen weltweit auf Platz 4. Bei den Kosten, die eine Unternehmensgründung erfordert, jedoch nur auf Platz 41. Und bei der Zeit, die zur Gründung benötigt wird, sogar nur auf Platz 66. Die Autoren schließen hier, dass Politik und Unternehmen Lösungen finden müssen, um diese Prozesse zu beschleunigen.

    Kritisiert wird auch die digitale Bildung in Deutschland. Doch auch hier passiert bereits einiges. Der Bund stellt allein in dieser Legislaturperiode 3,5 Milliarden Euro bereit, dazu kommen Anteile, die von den Ländern übernommen werden: Insgesamt etwa 5,5 Milliarden Euro. Das wären 137.000 Euro für jede einzelne der ungefähr 40.000 Schulen in Deutschland. Beim „DigitalPakt Schule“ gehen Investitionen in digitale Bildungsinfrastrukturen, pädagogische Konzepte sowie die gezielte Qualifizierung von Lehrkräften Hand in Hand. Ziel dieser Maßnahmen ist es, digitale Bildung zur Grundlage für die wirtschaftliche Zukunft der Bundesrepublik zu machen.

    Mut zur Plattformökonomie

    Der Wissenschaftler Ayad Al-Ani, der sich mit der Forschung zum digitalen Wandel beschäftigt, hat in der Wochenzeitung „Die Zeit“ die aktuelle digitale Entwicklung analysiert. In dem Beitrag „Deutschland muss lernen, völlig anders zu denken“ beschreibt er die Bedeutung von europäischen und deutschen Plattformen. „Einfluss hat, wem die Daten gehören und die globale Plattformökonomie darf nicht anderen überlassen werden.“ Erfolgreiche Plattformen aus Europa scheint es auf den ersten Blick nur wenige zu geben. Eine von ihnen ist Mercateo als führende B2B-Beschaffungsplattform. Auch Unite, das B2B-Netzwerk von Mercateo, ist ein neuartiger Ansatz, Vernetzung in der Wirtschaft zu ermöglichen. Damit wird Unternehmen die Chance eröffnet, mit einem flexiblen Netzwerk aus Lieferanten und Kunden Geschäftsbeziehungen digital zu verstärken. Laut Al-Ani braucht es große Visionen und unternehmerischen Mut, um eigene Erfolgsgeschichten zu schreiben. Dass Mut häufig eine noch größere Rolle spielt als Bürokratie und Infrastruktur, glaubt auch Bernd Schönwälder, Vorstand der Mercateo Gruppe: „Wir in Europa haben eine Aufgabe, denn Plattformökonomie passiert nicht einfach so von selbst. Wenn man in Europa eine Plattformlandschaft aufbauen will, die der außereuropäischen Konkurrenz die Stirn bieten kann, dann braucht man den Mut, eine kleine Revolution loszutreten.“

    Fazit: Digitalisierung als Chance begreifen

    Der auf den ersten Blick hervorragende Platz 3 im Ranking der wettbewerbsfähigsten Nationen kann also nicht darüber hinwegtäuschen, dass in diesem Land im wichtigsten und relevantesten Bereich der Zukunftstechnologien Herausforderungen bewältigt werden müssen. Nach Meinung zahlreicher Fachleute lässt sich das Umdenken nicht durch politische Maßnahmen erzwingen. Vielmehr gilt es, in Unternehmen, Institutionen, Politik und Gesellschaft neue Denkweisen Einzug halten zu lassen, die Ideen produzieren und Mut zu Neuem generieren. Begreifen Unternehmen Digitalisierung als Chance und öffnen sich weiter für ihre Themen und innovativen Technologien, können sie gerade in Deutschland auf eine hervorragende Basis aufbauen. Dabei gilt es, mutig zu agieren und nicht vor hohen Anfangsinvestitionen zurückzuschrecken. Digitale Vorreiter gibt es in Deutschland tatsächlich: Untenrehmen wie der Zahlungsdienstleister Wirecard oder die Mercateo Gruppe bieten digitale Lösungen, die sich im Geschäftsleben längst etabliert haben. Die sehr guten Platzierungen Deutschlands in den Bereichen „Wachstum innovativer Unternehmen“ und „Entwicklung disruptiver Ideen“ sind erste wichtige Schritte.

    Wer schreibt hier?

    Sebastian Prill

    Mein Name ist Sebastian Prill und ich arbeite als Redakteur bei Mercateo. Digitale Themen faszinieren mich und dabei vor allem, wie Daten zur Wertschöpfung beitragen können. Ich finde es spannend, wie mit Big Data in Wirtschaft und Journalismus Verborgenes sichtbar gemacht wird und wie die Digitalisierung den Alltag verändert.

    Sebastian Prill